Spinnaker-Kurs mit Christian Ettel

10. September 2022, Bernd Wurpts
Start und Ende: Hafen Felsenegg in Gersau
Weitestes Ziel: Seebrücke in Luzern

– Durch die Seeenge des Vierwaldstättersees bis nach Luzern und zurück–meist unter Spinnaker –
von Bernd Wurpts

Am 10. September fand erneut ein Kurs zum Spinnaker-Segeln mit der Moser m2 Zephyr auf dem Vierwaldstättersee statt. Wie bereits im vergangenen Jahr wurde der Kurs von Christian Ettel geleitet, der als erfahrener Top Segler mit viel Erfahrung und Knowhow in die Praxis des Spi-Segelns einweisen konnte. Zur lernenden Crew gehörten Alexander Zinniker, Chris Thürlimann und Bernd Wurpts. Organisiert wurde der Kurs von Sailcom Mitgliedern, insbesondere von Matthias Schürch, der dieses Mal nicht selbst mitsegelte, jedoch im Geist auf dieser bemerkenswerten Veranstaltung immer wieder dabei war.

Bemerkenswert war vieles, denn bereits die Vorzeichen des Kurses waren sehr unklar und fern von ideal für einen Spinnaker Kurs, zumindest nicht zum Einstieg. Wetterbedingt war die Teilnehmer*innenzahl von einigen Schwankungen betroffen. Noch am Tag vor dem Kurs wurden Windstärken von 3 und 4 Bft mit Böen um 5 Bft vom Windfinder Pro ausgewiesen. Auch Regen war angekündigt.

Ob und inwiefern diese eher schlechte Wetterprognose für das geplante Gebiet Urnersee zutraf, das wissen wir nicht und musste auch nicht geprüft werden. Denn schon bald nach dem Ablegen gegen 11:45 Uhr sahen wir eine Gruppe mehrerer Boote im Osten des Gersauer Beckens, vermutlich eine Regatta aus Brunnen, die uns unter Spinnakern entgegenkam. Als wir in der Mitte des Beckens angekommen waren, nahe der tiefsten Stelle des Vierwaldstättersees, entschieden wir uns auch dem Wind zu folgen, setzten den Spi und segelten in Richtung Westen.

Christian wies uns fachmännisch in die Positionen ein: einer von uns war für das Schiften des Baumes verantwortlich. Die anderen beiden Crew Mitglieder halfen den Spinnaker aus dem Innenraum des Schiffes hochzuholen und mit dem Spi-Fall hochzuziehen und anschliessend richtig zu spannen oder zu fieren, je nach Wind. Auch die Position des Spi-Baumes musste immer wieder angepasst werden. Unser Skipper und Lehrer war meist am Ruder und nahm überwiegend räumliche Kurse ein, wobei sich der Wind über den Tag häufig drehte und wir die Reaktionen des Spis durch Winde aus allen Himmelsrichtungen testen konnten. Ab und an kam der Wind sogar von vorn, glücklicherweise nur in schwacher Stärke. Einige Minuten konnten wir sogar rückwärts segeln (lernen).

Der Geist des Matthias kam spätestens wieder in den Sinn als wir zum westlichen Ende des Gersauer Beckens gelangten und die Stärke des Windes uns nach mehreren Manövern zum Bergen des Spinnakers führte. Die Winde nahmen stark zu als wir nahe der Stelle waren durch die Matthias und ich selbst Anfang April zum ersten Mal segeln konnten: die Seeenge und historiche Seesperre Nas, welche in der Regel wenig oder kaum Wind bereitstellt und mit den Felsnasen Obere und Untere Nas zu einer der engsten Stellen im ganzen See gehört.

Schliesslich entschieden auch wir uns heute durch die Seeenge zu segeln und nahmen auf einem am Wind Kurs Fahrt in Richtung Vitznau auf. Die Obere und Untere Nas wurde vermutlich selten so zügig durchquert wie von uns und weiteren Segelbooten, die es bis hierhin heute schafften. Als wir mit einem weiteren Boot durch die Obere und Untere Nas gelangten und gute Strecke nach Vitznau machten, kam auch die Sonne heraus und erste Fragen zum Schutz nach der Sonnencreme kamen auf. So wurde aus einem möglichen Unwetter plötzlich ein sonniger Spätsommertag. Der positiven Wetterentwicklung folgend entschlossen wir uns weiter im Vitznauer Becken zu segeln, wobei wir stets einen aufziehenden Berg dunkler Wolken über der Rigi im Auge behielten. Trotz der unklaren und eventuell sogar bedrohlichen Wetterlage waren wir uns aber sicher, dass es ein besonderer Tag werden würde und schalteten die digitalen Apps zur Vermessung des Geschehens ein. Der Wind hatte sich erneut gedreht, als ob er wüsste, dass wir zum Spi-Segeln verabredet waren. Wir rotierten die Mannschaft und setzten den Spi erneut in Richtung Westen.

Während wir bei spätsommerlichem Wetter das Vitznauer Becken durchquerten und das wunderschöne Panorama unseres Segelreviers genossen, flachte der Wind immer weiter ab je näher wir dem Bürgenstock kamen. Über dem Pilatus tümmelten sich Regenwolken und es schauerte vor dem Berg, weshalb weiterhin unklar war inwiefern wir hier selbst nass werden würden. Am Ende war es so, dass uns nur wenige Tropfen erreichen sollten. Wir wurden weitestgehend vom Regen verschont an diesem besonderen Tag. Lediglich auf halbem Weg durch das Gersauer Becken zum Beginn des Törns hatten wir einige Minuten Regen, weshalb sich das Mitbringen unserer Ausrüstung doch zumindest etwas geloht hatte. Auch die dunklen Regenwolken über der Rigi hatten sich bis ans Ende nicht in ein Unwetter für uns entwickelt, welches sich vielleicht in Richtung Urnersee verzog. Wir werden es vermutlich niemals wissen.

Eine kurze Flaute zwischen Bürgenstock und Meggenhorn hielt nicht lange an. Es war jedoch genug Zeit und Ruhe, um die markante Stelle zwischen den vier Seebecken mit den imposanten Hotels und Villen und den gegenüberliegenden Bergen Pilatus und Rigi zu würdigen und mit den Passagieren vorbeifahrender Fährschiffe das traditionelle Winken auszutauschen. Es wurden sogar jubelnde Rufe hin und her geschickt zwischen der Zephyr und dem Dampfschiff Unterwalden bevor der Wind wieder zunahm. Wir segelten nun in Richtung Luzern. Es liefen Diskussionen darüber, ob wir es ganz bis dorthin schaffen würden. Der eine sah schon gedanklich ein Eis von Bachman vor sich. Andere waren eher skeptisch, dass wir es bis ganz nach Luzern schaffen würden. Nachdem der Wind sich wieder drehte konnte auch der Spinnaker wieder gesetzt werden. Auf Vorwindkurs segelten wir mit der Segelstellung Schmetterling an Lido und Verkehrshaus vorbei. Schliesslich drehte der Wind noch einmal und wir kreuzten bis zur Seebrücke in Luzern auf. Die Sonne schien. Wir konnten die Entwicklungen kaum glauben. Was für ein Segeltag.

Auf dem Rückweg waren die Umstände weiterhin günstig. Nach erneuter kurzer Flaute vor dem Bürgenstock nahm der Wind wieder zu und wir setzten den Spinnaker im Vitznauer Becken. Als wir regelmässig Rumpfgeschwindigkeit liefen und dahingleiteten war die Stimmung erneut bestens. Wir liefen teilweise über sechs Knoten und überholten schliesslich leichtens ein anderes Segelboot, welches uns bestaunte als wir unter Spi den Oberen und Unteren Nas zum zweiten Mal näher kamen. Da sich hier kaum Wind befand, stellte sich die Frage, ob wir es erneut schaffen würden durch die Seeenge hindurchzusegeln. Unser geübter Skipper Christian segelte dicht an die Untere Nase heran und gab Anweisung zum Quick Schiften. Vorn am Mast musste Alex schnell agieren, wobei andere die Zeit hatten den Moment fotografisch festzuhalten. Wir hatten es erneut geschafft: zum zweiten Mal durch die Seeenge an einem Tag und nun sogar unter Spinnaker.

Es war ein Tag voller Höhepunkte, der allen Beteiligten viel Spass und Freude bereitete. Es wurde viel zum Thema Spi-Segeln in der Praxis gelernt. Auch zum Thema Reparatur von Geräten zum Spi-Segeln wurden Erfahrungen gemacht. Denn es war in der Mitte des Törns eine grüne Spannleine im Spi-Baum gerissen und konnte durch vorhandenen Ersatz vom Bootsteam Mitglied Alex ausgetauscht werden. So konnten auch stille Minuten des Törns praktisch genutzt werden und Einsichten über das Innenleben eines Spi-Baumes erlangt werden.

Wenn vorher vieles unklar ist, dann passieren an manchen Tagen die schönsten Dinge. Heute war so ein Tag.

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